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Interview mit Andreas Ostholt

Die Coronakrise hat uns nach wie vor fest im Griff. So langsam läuft der Turniersport wieder an- in der Hauptsache werden die Prüfungen bisher allerdings nur für Berufsreiter angeboten. Wir haben uns mal bei den Vielseitigkeitsreitern umgehört, was sie aus der Situation machen.

Heute: Andreas Ostholt

 

Pennsylvania 28 Andreas OSTHOLT (GER) / Wiesbaden CCI4*-S 2019 mit Event Rider Masters ©Lutz KAISER – AGENTUR datenreiter

buschreiter: Andreas, die Saison stand in den Startlöchern, ihr ward bereit um loszulegen. Nach dem Lockdown dürft ihr nun in NRW seit ein paar Tagen wieder ganz normal trainieren und Unterricht geben. Wie war die erste Zeit der Pandemie für dich und wie ist die derzeitige Situation?

„Leider stimmt das noch nicht so ganz- wir können bisher noch nicht wieder im Normalbetrieb trainieren. Ich gehöre als Sportsoldat der Bundeswehr an und die hat eigene Regeln. Dazu gehört, dass derzeit noch bis zum 15. Juni die Kasernen für externe Personen gesperrt sind. Ich darf wieder normal reiten und seit einigen Tagen dürfen auch die Offiziellen des DOKR, wie beispielsweise unsere Bundestrainer, die Sportschule wieder betreten. Allerdings darf meine Pflegerin Sandra Decker mir vor Ort helfen, alle anderen, wie beispielsweise mein working pupil können bisher nicht in die Kaserne. Ich habe hier an der Sportschule derzeit 5 Pferde aufgestallt, die anderen 8 stehen bei mir zuhause. Das bringt momentan natürlich einige logistische Herausforderungen mit sich. Unterrichten kann ich meine Schüler dadurch momentan auch noch nicht wieder. Für mich ist es sehr wichtig, beim Reiten immer auch den Blick von außen gespiegelt zu bekommen, um mich und das Pferd effektiv zu verbessern und auch gut zu trainieren. Aus diesem Grund reite ich momentan sehr viel am DOKR, wo auch derzeit beispielsweise die Trainingseinheiten bei Hans Melzer stattfinden. Natürlich spielt auch der soziale Aspekt dabei eine Rolle. Es ist auch ganz schön und bringt mich weiter, wenn ich das Training anderer guter Reiter mitverfolgen kann. Und auch einfach mal ein paar Worte mit Jemandem wechseln kann, den ich nicht täglich sehe..“

 

buschreiter: Wie arbeitest du deine Pferde seit dem Lockdown weiter?

„Einige Tage durften wir erstmal gar nicht mehr Reiten, als die Spiel- und Sportplätze geschlossen wurden- denn die Sportschule der Kaserne wurde erst einmal formell als ein Sportplatz angesehen. Um die artgerechte Bewegung der Pferde sicherzustellen, durften wir die Wiesen, die Longierhalle und die Führmaschine nutzen. Das wurde aber nach ein paar Tagen zum Glück noch einmal geändert, sodass wir dann reiten konnten. Platz, um uns aus dem Weg zu gehen, haben wir hier ja genug. Auch die offiziellen Trainer, die aus Bundeswehrsicht ja „zivil“ sind, durften dann die Kaserne lange Zeit gar nicht betreten, das läuft aber nun seit einigen Tagen wieder weiter. Allerdings darf ja auch kein anderer Reiter hier hereinkommen, sodass ein Training nur für uns Sportsoldaten (was in der Vielseitigkeit momentan Felix Etzel, Jérôme Robiné und ich sind) momentan auch nicht stattfindet. Aber ich bin froh, dass wir da das DOKR mit seinen Möglichkeiten nutzen können. Meine jungen Pferde sind nach den ersten Tagen der Pause mittlerweile im recht normalen Training. Mit ihnen kann man ja auch zuhause hervorragend weiterarbeiten, es gibt immer etwas was man noch verbessern oder ihnen neu beibringen kann. Meine Routiniers, Corvette und So is et, habe ich sehr heruntergefahren. Soey ist nach seiner Verletzung wieder gut in Schuss und ich hatte mich eigentlich auf die Saison gefreut, ich wollte ihn eigentlich in der Event Rider Masters einsetzen. Derzeit gehe ich nicht davon aus, dass die Beiden in diesem Jahr noch zum Turniereinsatz kommen, sodass ich versuche, die Grundfitness und Geschmeidigkeit positiv zu erhalten und die Gesundheit zu konservieren. Sollte es wider Erwarten im Herbst ein Prüfungsangebot geben, sind sie aber genug im Training, als dass ich sie dann auch dafür fit hätte und gezielt auftrainieren könnte. Ich möchte die beiden Pferde, die beide bereits 5* platziert sind, nicht unnötig belasten- zumal Soey jetzt 17 ist. Ich halte sie beweglich und gymnastiziere sie. Soey steht außer der Zeit zum Reiten vollständig auf der Wiese, Corvette genießt auch viel Zeit auf der Koppel- ansonsten stehen ausreiten, dressurmäßige Arbeit und Aquatrainer auf dem Plan der beiden.“

 

buschreiter: Einige Veranstalter beginnen nun, unter enormen Aufwand die strengen Vorgaben der Infektionsschutzverordnung umzusetzen und Turniere zu organisieren. Hast du die sogenannten Geisterturniere (ohne Zuschauer) schon eingeplant? Wie wichtig sind für dich die Turniere?

„Ich finde es toll, dass es Veranstalter gibt, die diese Kosten und Mühen nicht scheuen, wodurch langsam -zumindest für die Nachwuchspferde- eine Turniersaison ermöglicht wird. Da bin ich nun in der Planung, wo ich wann mit welchem Pferd sinnvollerweise starten möchte. Gerade für die jüngeren Pferde ist es wichtig, dass sie mal Turnierluft schnuppern. Natürlich ist das vielleicht ohne Zuschauer eine andere Atmosphäre, aber die Situation in einer Prüfung unterscheidet sich grundsätzlich schon von einer Trainingssituation. Daher finde ich es gut, dass die Pferde auch in diesem Jahr erste Turniererfahrung sammeln dürfen. Was ich hingegen gar nicht gut finde, ist die Absage der Europameisterschaften für das kommende Jahr. Die EM in 2021 wurde abgesagt, da sie terminlich zu kurz hinter den Olympischen Spielen in Tokyo liegen würde. Ich finde es mehr als schade, dass die FEI so leichtfertigt vielen Sportlern ein Ziel vor Augen wegnimmt. Bei den Olympischen Spielen dürfen eh nur noch drei Reiter einer Nation starten- ein vierter Reservist fliegt noch mit. Aber wir haben in Europa doch einige starke Nationen, die mehr als drei bis vier gute Reiter haben. Für die „Nummer fünf“ bis „Nummer zehn“ auf der Olympischen Liste wäre die Europameisterschaft eine motivierende Sache gewesen, um sich trotzdem auf ein Championat und damit ein tolles Ziel vorzubereiten. Auch hätte man damit Nachwuchsreitern die Chance geben können, sich mal auf einem Championat bewähren zu können. Gerade letztes Jahr bei unserer EM in Luhmühlen hat sich ja gezeigt, dass auch viele Reiter der zweiten Reihe tolle Leistungen bis ins Ziel bringen können. Es ist schade, wie leichtfertigt so eine Entscheidung scheinbar getroffen wurde, ohne die Sportler selber zu berücksichtigen.“

 

buschreiter: Die Coronazeit bringt für alle vor allem eines mit sich: alles ist anders. Kannst du für dich Positives aus der Zeit ziehen?

„Absolut kann ich das! Ich mache gerade seit Wochen normale, väterliche und familiäre Erfahrungen. Das soll gar nicht despektierlich klingen- aber ich fühle mich gerade wie ein normaler Familienvater. Durch das ständige Herumreisen als Sportler bekommt man sonst ja doch nur Ausschnitte des Ganzen mit, das ist schon eine tolle Zeit, die ich so seit der Schulzeit nicht mehr erlebt habe. Meine Familie ist ganz glücklich und meine zwei Jungs danken es mir auch sehr. Zudem habe ich die Wochen genutzt, um an meiner Reitanlage zuhause Dinge in Schuss zu bringen, zu denen mir sonst einfach die Zeit fehlt. Ich habe meine Waldwege so auf Vordermann gebracht, dass nun alle Ausreitwege von Steinen, Ästen und Wurzeln befreit sind. Derzeit sitze ich viel auf einem Bagger, den ich netterweise von meinem Pferdebesitzer Dieter Techel zur Verfügung gestellt bekommen habe. Damit mache ich meine Reitplätze wieder fit- die Umrandungen habe ich länger schon nicht mehr so freigelegt gesehen. Also- ich mache das Beste draus und freue mich aber nun auch langsam auf die ersten Turniere.“

Throwback: Die neue Serie

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